Die Londoner City wählt Sunak als nächsten britischen Ministerpräsidenten!

Außerhalb des Vereinigten Königreichs nimmt wahrscheinlich kein anderes Land als Indien größeren Anteil an dem laufenden Wettstreit, wer Liz Truss als britische Ministerpräsidentin ersetzt. Immerhin ist der führende Bewerber für den Posten, Rishi Sunak, indischer Herkunft und er ist mit der Tochter eines der reichsten Männer Indiens verheiratet.

Vor diesem Hintergrund war ich erfreut, vor einigen Stunden neben einem halben Dutzend anderer Teilnehmer in einer hervorragenden live Sendung des Republic TV of India teilnehmen zu können. Die übrigen Gesprächsteilnehmer, die meisten Inder und ein Brite, untersuchten die Zukunftsaussichten für eine Ministerpräsidentschaft von Sunak aus verschiedenen Blickwinkeln: Was bedeutet dies für die Beziehungen zwischen Indien und dem Vereinigten Königreich? Ob ein Inder nicht nur in dem geschlossenen Kreis der Tory Parlamentarier, sondern auch in den in zwei Jahren stattfindenden allgemeinen Wahlen gewinnen kann, wenn die Menschen in Großbritannien an der Wahlurne entscheiden, ob sie damit einverstanden sind, von einem farbigen Mann regiert zu werden? Was bedeutet eine Ministerpräsidentschaft von Sunak für das Pfund Sterling? Was bedeutet eine Ministerpräsidentschaft von Sunak für die britische Außenpolitik im Allgemeinen?

Als der letzte Gesprächspartner gab man mir die Möglichkeit, das Spielfeld auf den Kopf zu stellen und aufzuzeigen, dass Mr. Sunak, wenn er gewinnt, seinen Wahlsieg der … Londoner City zu verdanken habe. Dies nicht nur deshalb, weil er, bevor er vor sechs Jahren in das Unterhaus gewählt wurde, bei Goldman Sachs gearbeitet hat. Sondern weil die Londoner City alias „das Kapital“ oder „die Märkte“ gewissermaßen Liz Truss aus dem Amt gejagt hat, indem sie den dramatischen Sturz der Staatsanleihen und die Talfahrt des Pfunds hervorgerufen hat. Die Märkte haben auf einen einzelnen Impuls reagiert: die offensichtliche Inkompetenz, insbesondere die Ignoranz hinsichtlich der ökonomischen Gesetze, die die Ministerpräsidentin und ihr Finanzminister gezeigt hatten, als sie kurz nach ihrer Amtsübernahme ihr Mini-Budget vorgestellt haben. Die City war nicht an den ideologischen Überzeugungen der Ministerpräsidentin interessiert; sie waren daran interessiert, was funktioniert und was nicht funktioniert in der realen Welt.

Vielleicht fragen Sie, was daran außergewöhnlich sein soll? Außergewöhnlich daran ist, dass in dem Vereinigten Königreich noch immer das Kapital sagt und entscheidet, wer das Land regiert und wie. Diese ungeschminkte Tatsache allein mag die beste Rechtfertigung für den Brexit sein, denn sie hebt Großbritannien von allen anderen Ländern auf dem Kontinent ab. Hier in Europa sehen wir Inkompetenz bei den Premiers, in den Kabinetten bei einem Land nach dem anderen. Meist liegt das nicht daran, dass die Personen in den Machtpositionen dumm wären, sondern weil sie Ressorts übernommen haben, für die sie in ihrer Ausbildung oder in ihren beruflichen Laufbahnen keine Grundlagen dafür erworben haben. Sie bekommen ihre Ressorts oder ihre Führungspositionen ausschließlich durch politischen Kuhhandel mit Koalitionspartnern, die unterschiedliche Agenden haben und nur darauf aus sind, im Rahmen des gegebenen Repräsentationsspielraums einen Teil der Kriegsbeute aus einem Wahlsieg zu ergattern. Dasselbe gilt für die Europäische Kommission, die an der Spitze aller Mitgliedsstaaten sitzt und von dort aus ihre Befehle bellt. Welche Art von Qualität von wirtschaftlichen oder verteidigungspolitischen Entscheidungen kann man von einer Ursula von der Leyen erwarten, die von ihrer Berufsausbildung her Gynäkologin ist und die nach Brüssel die Treppe hinaufgefallen ist, nachdem sie als Ministerin daran gescheitert ist, das deutsche Verteidigungsministerium von Korruptionsskandalen zu säubern.

Hier in ganz Europa und insbesondere in Deutschland, das als die Lokomotive der europäischen Wirtschaft betrachtet wird, schweigt das Kapital. Es schweigt angesichts der Inkompetenz an höchster Stelle, die nicht weniger ungeheuerlich ist als diejenige, die Liz Truss gezeigt hat. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz zerstört die deutsche Wirtschaft durch sein stures, blödsinniges Beharren darauf, den deutschen und den EU Märkten den Zugang zu russischen Kohlenwasserstoffen zu verweigern.

Deutsche Unternehmen kündigen an, ihre Produktionsstätten in die Vereinigten Staaten oder in asiatische Länder zu verlegen, wo die Energiekosten erheblich niedriger und deren Endprodukte auf den globalen Märkten wettbewerbsfähig sind. Die Düngemittel-, Glas- und Metallindustrien fahren ihre Kapazitäten aufgrund der exzessiven Energiekosten schon herunter, während Herr Scholz vor den Fernsehkameras prahlt, dass Deutschland im kommenden Winter keinen Gasmangel haben werde, weil Deutschland von jedem nur denkbaren Verkäufer außer Russland Gas kaufen werde – ganz gleich zu welchem Preis. Trotzdem schweigen hier die Industrie und das Kapital zu der politischen Führerschaft, die für die sich abspielenden Katastrophe verantwortlich ist. Nur die Arbeiter gehen auf die Straße um sich über die Inflation und die untragbaren Energiekosten auf Haushaltsebene zu beschweren.

Die Frage, die mir der Moderator im Republic TV gestellt hat, war, welche Außenpolitik von einer Sunak Ministerpräsidentschaft zu erwarten sei. Für meine Antwort habe ich nicht lange gebraucht: es wird vermutlich eine von der Londoner City diktierte Politik sein. Ich erwarte, dass diese Politik moderater, weniger scharf und feindlich gegenüber Russland und China sein wird als die Politik von Boris Johnson oder Liz Truss. Nicht freundlich, verständlicherweise, aber auch nicht boshaft. Es ist unwahrscheinlich, dass Sunak davon sprechen wird, dass er bereits sei, auf den Atom-Knopf zu drücken. Irgendwann muss Realismus über Ideologie und die Blase triumphieren

Translated into German by Andreas Mylaeus