Translation below into German (Andreas Mylaeus)
Black Lives Matter und Meinungsfreiheit in den USA zur Palästina-Frage
Denjenigen, die glauben, dass ich meine ganze Zeit damit verbringe, Nachrichtensendungen und Talkshows im russischen Staatsfernsehen anzuschauen, möchte ich zu Beginn dieses Beitrags dieses Missverständnis korrigieren. Ich behalte auch die großen nationalen Sender in Westeuropa im Auge, darunter Euronews und die BBC. Und in freien Momenten, wenn ich nicht gerade etwas Intellektuelleres wie Lesen oder Schreiben tue, schalte ich CNN ein.
All dies führt mich zu einer Schlussfolgerung, die die Leser dieser Notizen in Europa und Amerika wahrscheinlich schockieren wird: Wie beim Thema Ukraine-Krieg gibt es auch beim Thema Hamas-Israel-Krieg eine weitaus größere Meinungsvielfalt bei den amerikanischen Sendern als bei ihren kontinentalen Pendants. Und das ist auch gut so, denn in den Vereinigten Staaten herrscht heute viel mehr Meinungsfreiheit als irgendwo in Europa und Großbritannien.
Ich habe mehrere Antworten auf das “Warum”, das diese Behauptung sicherlich aufwerfen wird. Der wichtigste Grund ist der, den die meisten Leser am wenigsten vermuten werden: Donald Trump. Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 hat der Kandidat Trump bei seinen öffentlichen Auftritten Dinge gesagt, die normale Menschen wie Sie oder ich niemals gesagt hätten, aus Angst, dass das FBI wegen Subversion an die Tür klopfen würde. Als Kandidat kam er damit durch, er hat uns damit alle befreit, und dann hat er als Präsident weiter das Unaussprechliche gesagt, mit dem Ergebnis, dass die Gesellschaft in der Mitte gespalten wurde und jede politische Meinung veröffentlicht werden konnte. In meinem eigenen Bereich, den russischen Angelegenheiten, hat sich die tägliche Zusammenfassung unseres führenden Verbreiters von Schriften von Analysten und Experten, Johnson’s Russia List, von einem tödlich langweiligen, nur von Russlandhassern stammenden Inhalt zu einem Garten mit tausend Blüten entwickelt.
Europa hatte keinen Trump. Europa war 2016 und ist auch heute noch ein Friedhof des Intellekts. Ich denke dabei nicht nur an den Gruppenzwang für kreative Geister, einfach den Mund zu halten und nicht aufzumucken. Nein, in Deutschland, Frankreich und anderswo gibt es Gesetze, die einem die Faust in den Nacken drücken, wenn man mit Meinungen zu Putin, zu Sanktionen und jetzt zu Palästina an die Öffentlichkeit geht, die nicht mit der lokalen Regierungslinie übereinstimmen.
Aus den oben genannten Gründen schneiden die europäischen Fernsehsender heute die Nachrichten über Gaza so zu, dass sie nur sagen, dass Israel das Recht auf Selbstverteidigung hat. Unterdessen widmet CNN dem Leiden der Palästinenser im Gazastreifen unter den stündlichen Bombardierungen durch die israelischen Boden- und Luftstreitkräfte, die alle Wohngebiete von Gaza-Stadt zu Staub zermahlen und mindestens 700.000 Palästinenser in der südlichen Hälfte der Enklave zwangsweise ins Nirgendwo vertrieben haben, viel Sendezeit.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Faktor hinzufügen, um den seriöseren Journalismus zu erklären, den die Abonnenten von CNN im Vergleich zu Ihrem durchschnittlichen europäischen Fernsehzuschauer erhalten: Black Lives Matter.
Es ist nicht im Geringsten überraschend, dass die BLM die Palästinenser im Gazastreifen unterstützt, und zwar aus Gründen, die auf die Black Panther zurückgehen. Sie fordern einen sofortigen Waffenstillstand und die dringende Lieferung von medizinischen Hilfsgütern, Wasser, Treibstoff und Lebensmitteln in den Gazastreifen, mindestens in der Größenordnung von 200 Lastwagen pro Tag wie vor dem 7. Oktober. Die amerikanischen Behörden sind gezwungen, die Demonstrationen der BLM zugunsten der Palästinenser zu akzeptieren, damit in den Städten des Landes nicht die Hölle losbricht.
Ich denke an die gestrigen Äußerungen der Spitzenkandidatin für die Nachfolge von Mark Rutte als niederländische Ministerpräsidentin, der derzeitigen Justizministerin Dilan Yeşilgöz-Zegerius, gegenüber der Financial Times über die Gefahren, die der Hamas-Israel-Krieg für Europa mit sich bringt, nämlich dass sich Spaltungen in unserer Gesellschaft auftun werden. Bedauerlicherweise ist dies die Denkweise einer autoritären, wenn nicht gar rein faschistischen Politikerin. Wenn alle gleichgeschaltet sind und keine Gegenstimmen geduldet werden, dann ist die Freiheit tot.
Das Problem des Konformismus in Europa ist nicht neu. In der Vergangenheit war demokratiezerstörender Konformismus vielleicht am häufigsten in Skandinavien anzutreffen, wie ich als häufiger Geschäftsreisender in Schweden in den 1980er Jahren feststellen konnte. Im Rahmen meiner Tätigkeit musste ich mich regelmäßig mit der Werksleitung unserer dortigen Tochtergesellschaft treffen, um die Marketingmaßnahmen zu koordinieren. Wir sprachen über die Zielmärkte, die ich bediente, insbesondere Jugoslawien, wohin meine Gesprächspartner reisten, um den Verkauf von Produkten zu fördern und auch um billige Brillen und andere persönliche und Haushaltsartikel zu einem Bruchteil der Kosten in Schweden zu erwerben. Wir sprachen nie über Politik, sondern nur über den Genuss von gutem Raki. Doch dann wurde Ministerpräsident Olaf Palme ermordet, und bei einem Mittagessen in der Firmencafeteria sagte mein Hauptansprechpartner zu mir: “Gott sei Dank haben sie den Mistkerl umgebracht.” Ich war schockiert, denn ich hatte in Schweden noch nie ein Wort der Kritik an ihrem politisch korrekten, fast engelsgleichen Führer gehört. Mein Gesprächspartner war jedoch, wie die meisten anderen Manager im Werk, Ingenieur und hasste Palme dafür, dass er die Ingenieurwissenschaften und andere Fachbereiche der schwedischen Universitäten zerstört hatte.
Dieses zerstörerische Schweigen erlebe ich auch in Europa. Und so sage ich: Ein Hoch auf die gesunde Spaltung der Gesellschaft, die der repräsentativen Demokratie Leben einhaucht, und in diesem Moment ein Hoch auf Black Lives Matter.